Strafanzeige und Strafantrag – 5 wichtige Hintergründe für Zeugen und Opfer von Straftaten

Auch wenn im alltäglichen Sprachgebrauch die Begriffe Strafanzeige und Strafantrag oft vermischt oder verwechselt werden, sind sie begrifflich streng voneinander zu trennen.

Strafanzeige

Als Strafanzeige, die man umgangssprachlich oft auch nur Anzeige nennt, bezeichnet man die schlichte Mitteilung eines Sachverhalts an die Strafverfolgungsbehörden. Die Strafanzeige ist damit eine reine Tatsachenmitteilung, bei der ein Bürger Staatsanwaltschaft, Polizei oder Gericht über einen möglicherweise strafrechtlich relevanten Sachverhalt informiert. Die Strafanzeige ist also dadurch charakterisiert, dass den Strafverfolgungsbehörden wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgericht ein Sachverhalt bekannt gemacht wird, der strafrechtlich relevant sein könnte.

Strafantrag 

Der Strafantrag ist im Gegensatz zur Strafanzeige als bloßer Mitteilung das tatsächliche Verlangen, eine bestimmte Tat strafrechtlich zu verfolgen. Anders als die einfache Anzeige eines Sachverhalts ist der Strafantrag deshalb die schriftliche Erklärung des Antragstellers, dass er die Strafverfolgung in einem bestimmten Fall ausdrücklich wünscht. Charakteristisch für den Strafantrag ist deshalb, dass ein bestimmter Sachverhalt nicht nur den Strafverfolgungsbehörden bekannt gemacht werden soll, sondern dass die strafrechtliche Verfolgung der Tat ausdrücklich verlangt wird.

Bedeutung von Strafanzeige und Strafantrag

Beide Rechtsinstitute haben im Strafverfahren eine ganz entscheidende Bedeutung, wobei aber nur der Strafantrag eine erhebliche rechtliche Relevanz hat.

Bedeutung der Strafanzeige

Rein rechtlich gesehen hat die Strafanzeige als bloße Mitteilung eines Sachverhalts keinerlei Bedeutung. Da viele Straftaten aber erst durch eine entsprechende Anzeige bekannt werden, hat die Strafanzeige eine erhebliche praktische Relevanz. Die Strafanzeige ist damit keine Voraussetzung für die Einleitung eines Strafverfahrens, aber faktisch in den meisten Fällen notwendig, damit die Strafverfolgungsbehörden überhaupt von einer potenziellen Straftat Kenntnis erlangen – denn die Polizei wird nur in eher seltenen Fällen alleine auf eine Straftat aufmerksam, weil etwa ein Streifenwagen einen Raubüberfall beobachtet oder zufällig zum Unfallzeitpunkt am Unfallort ist.

Bedeutung des Strafantrags

Anders sieht es dagegen beim Strafantrag aus, der als Strafverfolgungsvoraussetzung eine ganz erhebliche rechtliche Bedeutung hat. Man unterscheidet im deutschen Strafrecht die Offizialdelikte von den Antragsdelikten. Offizialdelikte sind Straftaten, bei denen die Staatsanwaltschaft als Herrin eines Strafverfahrens von Amtswegen ermitteln darf, d. h. sie darf von alleine tätig werden, wenn sie den Verdacht einer entsprechenden Straftat hat. Offizialdelikte sind der Regelfall und z. B. Straftaten wie Mord, Raub, Betrug oder der Bereich der Wirtschaftskriminalität. Das Gegenstück zu den Offizialdelikten sind die Antragsdelikte, bei denen die Staatsanwaltschaft nur ermitteln darf, wenn das Opfer der Straftat einen entsprechenden Strafantrag gestellt hat. Bei diesen Delikten ist der Strafantrag die Voraussetzung dafür, dass ein Strafverfahren eröffnet werden kann. Hier ermöglicht der Strafantrag als rechtliche Prozessvoraussetzung die strafrechtliche Verfolgung der Tat. Antragsdelikte sind im Regelfall Fälle der Bagatellkriminalität, die lediglich persönliche Rechtsgüter, aber kein Interesse der Allgemeinheit betreffen. Typische Antragsdelikte sind z. B. Ehrdelikte wie Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Diebstahl geringwertiger Sachen.

Neben den Offizialdelikten und den Antragsdelikten gibt es noch eingeschränkte Antragsdelikte, bei denen der Strafantrag im Regelfall als Voraussetzung für die Eröffnung eines Strafverfahrens ist. Besteht jedoch ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung, kann das öffentliche Interesse den Strafantrag ersetzen. Ein klassisches Beispiel für ein eingeschränktes Antragsdelikt ist die Körperverletzung. Bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden ermittelt die Staatsanwaltschaft oft ohne Strafantrag, weil ein entsprechendes öffentliches Interesse vorliegt.

Stellen von Strafanzeige oder Strafantrag

Strafanzeige und Strafantrag sind also zwei strafrechtliche Institute, die faktisch und/oder rechtlich Voraussetzung für die Eröffnung eines Strafverfahrens sind. Da es sich um zwei verschiedene Rechtsinstitute handelt, sind die Anforderungen an beide verschieden, ebenso wie die Berechtigung einen Strafantrag zu stellen oder eine Strafanzeige zu erstatten.

Strafanzeige stellen

Eine Strafanzeige kann immer dann gestellt werden, wenn der Verdacht besteht, dass jemand eine strafbare Handlung begeht. Die Strafanzeige kann sich sowohl gegen eine bestimmte Person richten, die z. B. beim Ladendiebstahl beobachtet wurde, als auch gegen sich selbst bei der sog. Selbstanzeige oder gegen eine völlig unbekannte Person (Anzeige gegen Unbekannt). Gerade bei Delikten wie Fahrerflucht, Einbruch oder Diebstahl wird im Regelfall eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

Eine Strafanzeige kann grundsätzlich jeder erstatten und damit sowohl der unmittelbar Betroffene als auch jeder unbeteiligte Zeuge. In manchen Fällen ist man sogar nach dem Strafgesetzbuch (StGB) verpflichtet eine Strafanzeige zu erstatten, weil man sich andernfalls wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten selbst strafbar macht. Diese Anzeigepflicht besteht z. B. bei Vorbereitung eines Angriffskrieges, Hochverrat, Wertpapierfälschung, Mord, Völkermord, Kriegsverbrechen, Raub oder räuberischer Erpressung. In allen anderen Fällen besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Erstattung einer Strafanzeige. Sowohl als Zeuge als auch als Betroffener sollte man sich diesen Schritt deshalb gut überlegen. Einerseits können die Strafverfolgungsbehörden nur tätig werden, wenn sie von der Tat Kenntnis haben. Ohne Strafanzeige bleibt eine Straftat deshalb meist ungesühnt und der Täter hat die Möglichkeit weitere Straftaten zu begehen. Andererseits können zu Unrecht gestellte Strafanzeigen als falsche Verdächtigung, üble Nachrede oder Verleumdung strafbar sein.

Nach der Strafprozessordnung (StPO) kann die Anzeige bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht erstattet werden. Zwar verwenden Polizei und Staatsanwaltschaft für die Strafanzeige häufig Formblätter, die Anzeige ist aber an keine bestimmte Form gebunden. Daher kann auch schon ein einfacher Telefonanruf für eine Anzeige genügen. Vielerorts kann die Strafanzeige sogar online erstattet werden.

Strafantrag stellen

Im Gegensatz zur Strafanzeige kann der Strafantrag nicht von jedermann gestellt werden, sondern nur von dem Opfer der Straftat selbst oder seinen gesetzlichen Vertretern. Der Grund für diese Einschränkung beim Strafantrag liegt im Unterschied der beiden Rechtsinstitute. Während man bei der Strafanzeige dem Strafverfolgungsorgan nur mitteilt, dass man Kenntnis von einem Sachverhalt hat, der strafrechtlich relevant sein könnte, verlangt man mit dem Strafantrag die strafrechtliche Verfolgung einer Tat. Ein Interesse an der tatsächlichen Strafverfolgung hat nur der Betroffene selbst, sodass auch nur er berechtigt ist, einen Strafantrag zu stellen. Zudem besteht für den Strafantrag eine Frist, denn er muss innerhalb von drei Monaten nach der Tat oder dem Bekanntwerden des Täters gestellt werden.

Auch für die Form des Strafantrags gelten andere Vorschriften. Während eine Strafanzeige grundsätzlich formfrei auch per Telefon erstattet werden kann, muss der Strafantrag entweder schriftlich oder zu Protokoll bei Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht gestellt werden.

Das Verfahren nach Strafanzeige oder Strafantrag

Strafanzeige und Strafantrag bringen als praktische oder rechtliche Voraussetzung das Strafverfahren in Gang. Herrin des Strafverfahrens ist im deutschen Strafrecht die Staatsanwaltschaft, die über die weiteren Schritte entscheidet.

Verfahren nach der Strafanzeige

Bei der Strafanzeige sind die Behörden verpflichtet dieser nachzugehen und die Angaben zu überprüfen. Bestätigt sich der Anfangsverdacht, leitet die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen die angezeigte Person bzw. gegen Unbekannt ein. Der Verlauf dieses Ermittlungsverfahrens kann sehr unterschiedlich sein. So kann das Verfahren eingestellt werden, wenn die Straftat z. B. nicht ausreichend bewiesen werden kann oder der Beschuldigte im Fall einer nur geringen Schuld z. B. eine Geldauflage zahlt. Die Staatsanwaltschaft kann aber auch Anklage erheben. Lässt der Richter diese Anklage zu, endet das Strafverfahren im Regelfall mit einem Freispruch oder einer Verurteilung.

Verfahren nach dem Strafantrag

Das Verfahren nach dem Strafantrag ähnelt dem Verfahren nach der Strafanzeige. Auch wenn der Antragsteller mit dem Strafantrag die strafrechtliche Verfolgung einer Tat verlangt, ist damit eine öffentliche Anklage nicht garantiert. Mit dem Strafantrag wird lediglich die Aufnahme eines Ermittlungsverfahren gewährleistet, über dessen Ausgang der Antragsteller informiert wird. Wird das Verfahren eingestellt, hat der Antragsteller verschiedene Rechtsmittel wie die Beschwerde, das Klageerzwingungsverfahren oder die Privatklage, um doch noch eine Verurteilung zu erreichen. Aber auch hier gilt, dass kein bestimmtes Urteil erzwungen werden kann.

Rücknahme von Strafanzeige und Strafantrag 

Zweck und Wesen der Strafanzeige besteht darin, die Organe der Strafverfolgung von Sachverhalten in Kenntnis zu setzen, die strafrechtlich relevant sein könnten. Diese Kenntnis kann man den Behörden nicht wieder wegnehmen. Deshalb kann eine Strafanzeige im Gegensatz zum Strafantrag nicht zurückgenommen werden. Beim Strafantrag besteht hingegen die Möglichkeit, diesen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zurückzunehmen. Der Strafantrag kann dann aber auch nicht nochmal gestellt werden.

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